Wie verbessere ich mein Surflevel?
Kaum ein Sport erfordert so viel Ausdauer wie das Wellenreiten. Damit ist nicht das anstrengende Paddeln gemeint, sondern die Willenskraft und die Motivation, welche man über mehrere Jahre aufrechterhalten muss, möchte man im Surfen Fortschritte erzielen und sich eine Routine erarbeiten. Zwar hat man mit den künstlichen Wellen mittlerweile die Möglichkeit, unter vereinfachten Bedingungen an der Technik zu feilen. Die benötigten Erfahrungen für das Surfen in "richtigen" Wellen muss man aber zwingend im Meer machen, das lernt man in keinem Pool der Welt. Schlussendlich ist die Antwort auf die titelgebende Frage simpel: Versuche so viel Zeit wie möglich im Wasser und auf deinem Surfbrett zu verbringen, die Fortschritte werden sich automatisch einstellen. Damit dieser Beitrag aber nicht schon hier endet, möchten wir dir ein paar Tipps geben, um diesen banalen Ratschlag optimal umzusetzen. Denn um so viele unvergessliche und auch lehrreiche Stunden wie möglich auf dem Surfbrett zu verbringen, ist vor allem die Wahl der Destination, des richtigen Surf-Packages sowie das Equipment entscheidend.
Nachfolgend teilen wir die unterschiedlichen Fortschritts-Stufen in Fragestellungen auf, welche wir tagtäglich antreffen:
1. ICH WAR NOCH NIE SURFEN, WIE SOLL ICH STARTEN?
Wenn du Wellenreiten lernen möchtest, empfehlen wir dir unbedingt mit einem professionellen Surfkurs zu starten, zum Beispiel in einem Surfcamp. So lernst du gleich zu Beginn die richtige Technik und eignest dir keine falschen Bewegungsabläufe an, sei dies beim Paddeln, Pop-Up oder Surfen der Welle. Zudem wirst du dank einem sicheren Umfeld und professioneller Unterstützung garantiert auf dem Brett stehen und damit schneller das ganz entscheidende, süchtig machende Gefühl erleben: Das Reiten einer Welle!
Das magische Gefühl der ersten gesurften Welle!
Foto: Gota d'Agua Surfcamp
Wo und wann?
Da man ganz zu Beginn erst einmal im Weisswasser/Schaum und direkt am Strand surft, ist die effektive Wellengrösse am Surfpeak eher zweitrangig. Trotzdem sollte man darauf achten, eine Destination bzw. Saison mit nicht allzu grossen Wellen auszuwählen, um nicht zu viel Strömung zu haben. Ein Sandstrand mit weichem Untergrund sowie klimatisch angenehme Bedingungen sind ebenfalls Faktoren, welche die ersten Surfversuche angenehmer gestalten. Wenn du flexibel bist, empfehlen wir dir die Tief- und Hochsaison zu vermeiden. Die Nebensaison ist zeitlich oft eine gute Wahl, da es weniger Leute im Wasser hat, das Klima meistens ok ist und und die Preise günstiger sind.
Passende Destinationen:
Equipment?
Als Beginner wirst du mit einem Soft-/Longboard starten, welches sich für Basis-Übungen im Sand eignen und dir im Wasser viel Auftrieb bieten. Mit diesen Boards erwischst du praktisch jede Welle und dank der Stabilität kannst du dich besser auf die einzelnen Abläufe konzentrieren: Positionieren, Welle anpaddeln, Gleiten, Pop-up, Welle reiten, Smile!
2. WIE ENTWICKLE ICH MICH VOM BEGINNER ZU EINEM INTERMEDIATE SURFER?
Auch in dieser Phase ist ein professioneller Surfkurs absolut zu empfehlen. So stellst du sicher, dass du weiterhin unter möglichst sicheren Bedingungen und an den passenden Surfstränden üben kannst. Hauptsächlich geht es darum, das Surfen von grünen Wellen zu perfektionieren. Wichtig ist, dass du dich auf die Positionierung im Wasser und das Lesen der Wellen konzentrierst. Je besser du dich in den Wellen zurechtfindest, desto unabhängiger kannst du dich im Line-Up bewegen und umso mehr grüne Wellen erwischst du. Versuche, sowohl Rechts- wie auch Linkswellen zu surfen und stets die Kontrolle darüber zu haben, wo genau du dich auf der Welle befindest. So entwickelst du ein Gefühl für die Wellen und für das Surfboard, was entscheidend ist, um im nächsten Schritt die ersten Kurven und schlussendlich auch Manöver zu üben.
Die Positionierung und das Timing beim Anpaddeln gehören zu den wichtigsten Faktoren
Foto: Gota d'Agua Surfcamp Wo?
Für (angehende) intermediate Surfer:innen ist es ideal an Surfspots zu surfen, welche zugängliche Wellen bieten und einem nicht übermässig viel Energie zum Rauspaddeln abverlangen. In diesem Stadium hält sich die Paddel-Power nämlich meistens noch in Grenzen und es ist von Vorteil, wenn du deine Energie hauptsächlich für das Anpaddeln und Surfen der Welle verwenden kannst. Nebst gemütlichen Beachbreaks sind daher auch einfachere Pointbreaks passend, bei denen du dich nicht nach jeder gesurften Welle wieder durch eine Wellenwand kämpfen musst.
Passende Destinationen:
Equipment? Mit zunehmender Übung wirst du den Drang verspüren, kürzere und weniger voluminöse Surfboards zu verwenden. Dieser Schritt ist grundsätzlich richtig, da du mit schlankeren Boards an Wendigkeit gewinnst und so Turns & Manöver leichter fallen. Trotzdem ist es wichtig, dass du nichts überstürzt und auch lieber wieder zu einem grösseren Surfboard greifst, sobald du merken solltest, dass du mit deinem kürzeren Shape Mühe hast. Denn am wichtigsten ist nach wie vor, dass du so viele Wellen wie möglich erwischst und das Lesen und Anpaddeln der Wellen perfektionierst. Wenn du mit deinem Board im Lineup sitzt und (wegen fehlendem Volumen) keine Wellen erwischst, wirst du keine weiteren Fortschritte erzielen und nach der Surf Session umso frustrierter sein. Achte also immer darauf, dich in kleinen Schritten den kürzeren Boards zu nähern. Vorausgesetzt, dass dies überhaupt dein Ziel ist, denn selbstverständlich kannst du dich z.B. auch dem Longboarden widmen und dein Können auf diesen Boards perfektionieren.
Unser Surfboard-Tipp: Semente Funboard
Das Surfen von grünen Wellen bedeutet, dem Schaum im ungebrochenen Teil der Welle davonzusurfen.
Foto: Bundoran Surf Experience
3. WIE WERDE ICH ZU EINEM ROUTINIERTEN ADVANCED SURFER:IN?
Die Antwort steckt bereits in der Frage: Routine. Versuche möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, sei es in der Art von unterschiedlichen Surfspots, Bedingungen, Wellen oder Surfboards. Umso mehr verschiedene Situationen du im Wasser erlebt hast, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass du eine zukünftige Situation bereits kennst und diese dann optimal bewältigen kannst. Dazu können nebst allen schönen Momenten auch Stresssituationen gehören, wie z.B. längere Hold-Downs oder starke Strömungen. Es ist wichtig, sich ein gewisses Selbstbewusstsein zu «ersurfen», sodass man sich im Meer stets wohl fühlt. Wir empfehlen in diesem Stadium ein Surfguiding, sodass die Sicherheit so gut wie möglich gewährleistet ist und man weiterhin vom Know-how lokaler Surfer:innen profitieren kann. Denn das angeeignete Surf-Wissen ist schlussendlich genauso wichtig, wie das Können auf dem Surfboard. Versuche den Crowds auszuweichen, um mehr Wellen surfen zu können. Entweder in unbekannteren oder exotischen Surfdestinationen oder indem du die Zeiten der Surfsessions dann planst, wenn es weniger Leute hat. 10 - 20 Wellen die nicht perfekt sind bringen dich wesentlich weiter als 1 - 3 perfekte Wellen in einem crowdeten Line-Up.
Perfekte Bedingungen zum Üben von Turns
Foto: Nemberala Beach Resort
Wo?
Diese wichtigen Erfahrungen kannst du grundsätzlich an jedem Surfspot dieser Welt machen. Aber es hilft sicher zusätzlich, wenn du dich auch weiterhin forderst und – sofern es die Umstände erlauben – ab und zu aus deiner Komfortzone herausgehst. Dies kann an deinem Lieblingsspot sein, wo du dich sehr wohl fühlst und dir durch viele Surf-Sessions die nötige Routine holst. Aber gerade auch exotischere Destinationen in Kombination mit einem Surfguiding sind hierfür ideal, da du Spots mit unterschiedlichen Eigenschaften surfen kannst und (gerade in einem kürzeren Urlaub) dank dem Guide keine wertvolle Zeit damit verlierst, nach der passenden Welle zu suchen.
Passende Destinationen:
Equipment?
Versuche unterschiedliches Equipment zu surfen, um herauszufinden, welcher Shape und welches Material dir am meisten zusagt. Die Vorlieben sind sehr individuell und von den Bedingungen im Meer abhängig. Hierfür lohnt es sich, auch mal Equipment zu mieten oder das Board mit Freunden zu tauschen. Gleichzeitig profitierst du so von vielen Erfahrungswerten und wirst dein Surflevel nochmals verbessern. Mit der Zeit wird sich automatisch DEIN Lieblingsboard herauskristallisieren, auf dem du dich in unterschiedlichen Bedingungen wohl fühlst und mit welchem du viele unvergessliche Momente erleben wirst. Und wenn du es dir gönnen möchtest, kannst du dir auch 1-2 weitere Surfboards zulegen, sodass du ein Quiver mit Boards für unterschiedliche Wellen und Bedingungen hast. Sei es z.B. ein Fish für spassigere Tage oder umgekehrt ein schnittiges Shortboard für fordernde Spots.
Unser Surfboard-Tipp: Channel Islands Rocket Wide
4. WIE SURFE ICH MEINE ERSTE BARREL?
Ein Traum vieler Surfer:innen ist das Surfen einer Barrel, also dem hohl brechenden Teil der Welle. Es ist ein einmaliges Gefühl, durch diesen Tunnel aus Wasser zu gleiten und am Ende mit viel Speed und voller Adrenalin wieder herauszuschiessen. Doch da Surfspots mit solchen Wellen anspruchsvoll und oftmals gefährlicher sind, geht man auch automatisch ein höheres Risiko ein. Tubes gibt's nur, wenn das Wasser entsprechend seicht ist! Die Chance, sich am Untergrund (auch Sand ist hart!) oder dem eigenen Surfboard zu verletzen, ist beim Barrel-Surfen bedeutend grösser. Deshalb sollte man sich auch in intensiveren „Waschgängen“ wohl fühlen, den Kopf schützen und wissen, wie man möglichst kontrolliert fällt. Und noch wichtiger: Wie man steile Drops meistert! Eine sehr gute Technik, intuitive Bewegungsabläufe und das optimale Equipment sind Hauptvoraussetzungen, um erfolgreich durch eine Tube zu surfen. Allgemein ist hierfür das Surfen in schnellen und anspruchsvollen Wellen - wo also ein schneller Pop Up und Bottom Turn gefordert sind - die beste Vorbereitung, um an Tag X bereit zu sein. Und behalte unbedingt die Augen in der Tube offen ;-)!
Perfekte Righthand-Barrel in Polynesien
Foto: Salani Surf Resort
Wo?
Um die Chance auf deine erste Barrel zu erhöhen, ist die Wahl der passenden Surfdestination und die Berücksichtigung der Saison essenziell, denn grössere/hohle Wellen lassen sich fast überall finden, aber nicht zu jeder Zeit. Vor allem Destinationen mit Offshore-Tradewinds bieten konsistente Bedingungen für Tuberider!
Passende Destinationen:
Equipment?
Wenn du dieses Level erreicht hast, wirst du mit Sicherheit bereits über dein Go-to-Shortboard verfügen und dieses eignet sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch für die ersten Barrels. Ein Board mit Pintail ist für steile Wellen ideal. Da es in diesen kräftigen Wellen öfters zu einem gebrochenen Surfboard kommen kann, ist ein Backup-Shortboard empfehlenswert, gerade auf Trips in abgelegenere Gebiete ohne Surfshops. Und wenn du grössere Wellen anpeilst, solltest du dir definitiv ein Step-Up Surfbrett zulegen. So bist du garantiert ready für deine erste Stand-Up-Barrel! Unser Surfboard-Tipp: Pyzel Ghost
5. WEITERE PRAKTISCHE TIPPS & TRICKS
Landlocked?!
Auch als Surfer:in ohne direkten Meer-Anschluss kannst du dafür sorgen, dass deine nächste Surfreise erfolgreich verläuft. Angefangen beim Trainieren der Grundfitness bis zu Surf-spezifischen Übungen ist alles möglich. Grundsätzlich ist Schwimmen und Wassersport im Allgemeinen sehr gut geeignet, da du dir so ohne zu Surfen ein besseres Wohlbefinden im Wasser aneignen kannst und die Kraulbewegung deine Paddel-Muskeln trainiert. Wenn du die Möglichkeit zum Wakesurfen oder Zugang zu einer Flusswelle / künstlichen Welle hast, eignet sich dies natürlich ebenfalls gut, um das Surf-Feeling abseits vom Meer aufrechtzuerhalten und deine Technik sogar zu verbessern. Und mit Skate- & Snowboards kannst du an Land an deinem Brettgefühl arbeiten und die Bewegungsabläufe für Turns verinnerlichen.
Skate-Session in Irland
Foto: Bundoran Surf Experience
Learn from the best!
Sei es während dem Surf Trip oder Zuhause am Laptop: Versuche die guten Surfer bewusst zu beobachten, um nachzuvollziehen, wie sie an einem bestimmten Spot vorgehen und die Wellen surfen. Sei es Kelly Slater oder eine gute lokale Surferin, du kannst stets vom Analysieren besserer Surfer:innen profitieren.
Don't be too picky!
Gehe nicht ausschliesslich in perfekten, glassy Bedingungen surfen, sondern auch wenn es mal kleiner/grösser ist als gewünscht, die Wasserfläche choppy ist oder dir ein mühsamer Onshore-Wind um die Ohren weht. All diese Erfahrungen machen dich zu einem/r besseren Surfer:in und wenn dann wieder Traumbedingungen herrschen, wird es garantiert niemand so schätzen wie du!
Schöner Turn in unruhigeren Bedingungen
Foto: Boat Trip Kanarische Inseln
Do what you like!
Surfen soll Spass machen und keinen Konventionen folgen. Auch dieser Beitrag soll dir lediglich mögliche Vorgehensweisen aufzeigen und keinesfalls einen vorbestimmten Weg. Verwirkliche dich auf einem Longboard, versuche dich mit einem SUP in den Wellen oder reise als Beginner in die Mentawais. Wichtig ist, dass du deine eigenen Erfahrungen machst, aus diesen profitierst und den Spass am Surfen beibehältst.
Don't take it too seriously!
Surfen ist kein Wettbewerb und auch kein Wettrennen. Zumindest für 99% aller Surfer:innen. Lass dir also Zeit und setze dich selbst nicht zu fest unter Druck. Eine gesunde Portion Wille und Motivation ist im Surfen zwingend erforderlich, jedoch kann es sehr schnell in eine Übermotivation ausarten, welche es aus mehreren Gründen zu vermeiden gilt: Erstens läufst du Gefahr, Situationen falsch einzuschätzen und bringst dich so in gefährliche Situationen. Zweitens wirst du für andere Surfer:innen zur Gefahr, sei es durch unüberlegte Aktionen oder auch nur durch nerviges Verhalten, wenn du beispielsweise die Surf-Etiquette nicht einhältst. Womit wir beim letzten Punkt wären: Egal welches Surf-Level du hast, versuche stets deine Freude fürs Surfen wie auch die Wellen mit anderen zu teilen. Grüsse die Surfer:innen im Lineup und löse eine mögliche Konfliktsituation mit einem entwaffnenden Lächeln. Du wirst nicht immer auf Gegenliebe stossen, aber umso wichtiger ist es, der zunehmenden Ernsthaftigkeit im Surfen entgegenzutreten und allen Miesepetern zu zeigen, dass es auch anders geht. Take it easy and enjoy the ride!
Freude am Surfen in Taiwan
Foto: Taiwan Surf Experience